🚩 CSD Berlin: Verhalten von Julia Klöckner ist
ein politisches Armutszeugnis!
Es ist ein Rückschritt mit Ansage: Unter der
neuen Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat die
Parlamentsverwaltung entschieden, dass das
queere Netzwerk des Bundestags in
diesem Jahr nicht
am Berliner CSD
teilnehmen darf. Ebenso wird am Reichstagsgebäude keine
Regenbogenflagge mehr zum
Christopher Street Day gehisst – ein Bruch mit einer jahrelangen
Praxis, der für viel Empörung sorgt.
Was die Bundestagspräsidentin
als gebotene politische Neutralität
verkauft, empfinden viele als das Gegenteil: eine
politische Positionierung – gegen Sichtbarkeit, gegen Solidarität,
gegen Vielfalt.
„Wer die Teilnahme
von queeren Netzwerkgruppen staatlicher Institutionen untersagt,
kündigt stillschweigend den Konsens auf, dass Grundrechte sichtbar
verteidigt gehören“, erklärt der Berliner CSD e.V.
👉
Süddeutsche
Zeitung, 16.06.2025
Diese Entscheidung fällt nicht
zufällig, sondern in
einer Zeit, in der queerfeindliche Angriffe zunehmen,
queere Menschen auf der Straße, in sozialen Medien und selbst in
Institutionen mit Hass konfrontiert sind. Gerade jetzt wäre ein
sichtbares Zeichen des Parlaments wichtig gewesen – und das bewusst
nicht zu setzen,
ist mehr als nur eine versäumte Geste. Es ist eine klare Botschaft:
Ihr seid nicht Teil unseres offiziellen Bildes.
Zur Rechtfertigung des
Teilnahmeverbots ließ ein Sprecher von Bundestagspräsidentin
Klöckner verlauten, der Christopher Street Day formuliere
„eindeutige Erwartungen unter anderem an die Bundesregierung und
die Politik im Allgemeinen“ 👉 ZDFheute,
17.06.2025.
Tatsächlich hat der CSD Berlin e. V. in
früheren Jahren konkrete politische Forderungen erhoben 👉
Forderungskatalog
2024, etwa eine Bundesratsinitiative zur Aufnahme queerer
Menschen ins Grundgesetz. Diese richtete sich jedoch eher an die
Berliner Landesregierung – also allenfalls indirekt an den
Bundestag.
Für 2025 hingegen liegt bislang kein
Forderungskatalog vor. Die Argumentation des
Bundestagspräsidentinnenbüros läuft daher bereits faktisch ins
Leere. Und selbst wenn Forderungen an das Parlament formuliert worden
wären: Daraus ein Teilnahmeverbot für queere
Mitarbeitenden-Netzwerke im Bundestag abzuleiten, ist ein absurdes
Maß an politischer Überdehnung. Wer an einer Pride teilnimmt,
bekundet Sichtbarkeit und Solidarität – nicht automatisch die
vollständige Identifikation mit sämtlichen Forderungen des
veranstaltenden Vereins.
Das diesjährige Motto lautet:
„Wir hören nicht auf, bis alle
gehört werden!“ 👉
csd-berlin.de/demo-route-2025
– eine ebenso offene wie demokratische Botschaft, die sich auf die
gesellschaftliche Sichtbarkeit marginalisierter Gruppen bezieht. Wer
darin bereits einen Verstoß gegen politische Neutralität
konstruiert, muss sich schon intellektuell wie normativ weit
verrenken. Nicht, dass man Frau Klöckner solche Übungen nicht
zutrauen würde.
Völlig absurd ist, dass das
Hissen der Regenbogenflagge am
Bundestagsgebäude mit Verweis auf politische Neutralität untersagt
wurde. Die Regenbogenflagge steht nicht für eine einzelne Partei
oder politische Agenda, sondern symbolisiert die Menschenrechte
queerer Menschen – Gleichberechtigung, Schutz und Anerkennung.
Diese Werte zu verteidigen, sollte für jede demokratische
Institution eine Selbstverständlichkeit sein. Entweder wurde das
nicht verstanden – oder es ist gewollt, ein sichtbares Bekenntnis
zu vermeiden.
Dass Klöckner als
Ausweichtermin den
17. Mai
– den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie
– anbietet, ist ein symbolisches Feigenblatt. Statt sich mit der
breiten Sichtbarkeit queerer Menschen beim CSD zu zeigen, zieht sich
die Bundestagsspitze in die Stille eines weniger präsenten
Gedenktags zurück. Stille statt Farbe.
Pflicht statt Haltung.
Der Preis dieser Entscheidung ist
hoch. Nicht nur, weil sie queeren Bundestagsmitarbeitenden die
Möglichkeit zum öffentlichen Bekenntnis zu Grundrechten nimmt,
sondern weil sie einen gefährlichen Präzedenzfall schafft: Wenn
staatliche Institutionen unter dem Deckmantel der Neutralität
beginnen, sich aus dem öffentlichen Bekenntnis zu Vielfalt und
Antidiskriminierung zurückzuziehen, verliert die Demokratie an
Farbe, Mut und Glaubwürdigkeit.
Dass es auch anders geht, zeigt
ausgerechnet Bayern: Dort wird die Regenbogenflagge – wie in den
Vorjahren – auch in diesem Jahr am Landtag gehisst. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) merkt
dazu an, dass
die Flagge für Vielfalt, Toleranz
und Offenheit stehe,
„also für sehr demokratische Werte“
👉
Süddeutsche
Zeitung, 17.05.2024
Statt „Neutralität“ zu wahren,
hätte auch Julia Klöckner Haltung zeigen können. Sie hat sich
dagegen entschieden.
Das darf nicht
unwidersprochen bleiben.
✊ Was
jetzt zählt:
- Öffentlichen
Druck erhöhen: Petitionen,
Briefe, soziale Netzwerke – politische Rückzüge dürfen nicht
unkommentiert bleiben.
- Solidarität
zeigen: Auf die Straße gehen,
sichtbar bleiben, laut sein.
- Institutionen
erinnern: Demokratie lebt nicht
von Aushalten, sondern von Haltung.
🚫 Bad
News: Compact
bleibt legal – ein Freifahrtschein für rechte Hetze?
Das Bundesverwaltungsgericht
hat das Verbot des rechtsextremen Magazins Compact
gekippt. Zwar erkennt das Gericht
an, dass Compact
antidemokratische, rassistische und verschwörungsideologische
Inhalte verbreitet, doch das reiche
nicht: Diese Positionen seien nicht „prägend genug“, um ein
Verbot nach dem Vereinsgesetz zu rechtfertigen. Die
Demokratie schützt eben auch ihre Feinde
– das sei ihr Anspruch, so das Gericht.
Für viele ist das ein Schlag ins
Gesicht. Das Innenministerium hatte das Magazin 2024 als
ideologisches Sprachrohr der Neuen Rechten verboten. Jetzt urteilte
Leipzig: Hetze ja – aber nur, wenn sie das Gesamtbild dominiert,
wird’s justiziabel.
The Guardian
kommentiert das Ganze als Sieg für die Meinungsfreiheit – und ein
Dilemma für Demokrat:innen, denn es sei ein Balanceakt zwischen
demokratischem Selbstschutz und juristischem Liberalismus. In
der Praxis bedeutet das Urteil: Compact
darf weitermachen. Weiter hetzen, weiter verharmlosen, weiter
salonfähig machen, was längst auf der Straße Gewalt erzeugt.
Für Antifaschist:innen heißt das:
Der Rechtsstaat wird’s nicht alleine richten. Jetzt braucht es
laute Gegenöffentlichkeit, politischen Druck – und klare
Haltung gegen das, was sich hinter „Meinungsfreiheit“ so alles
versteckt.
PS: Die Ansicht des Chefredakteurs von „Compact“, Jürgen
Elsässer, wonach das Urteil eine abschreckende Wirkung auf jeden
Versuch haben werde, die AfD zu verbieten, teilen wir natürlich
nicht. Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich …
Quellen:
👉 nd-aktuell
👉 tagesschau.de
👉 The
Guardian
🤗 Good
News: Kein
„Marsch für Deutschland“ im Juni
Die selbsternannten Retter des
Abendlandes machen Sommerpause – im Ernst.
Während im Mai
noch rund 150
Verschwörungsgläubige, AfD-Anhänger*innen und offen auftretende Neonazis
auf der Theresienwiese „gegen Waffenlieferungen,
Wettermanipulationen und etablierte Medien“ demonstrierten, standen
ihnen über 400
Gegendemonstrierende gegenüber.
👉 BR24,
19. Mai 2025 (nur
noch wenige Tage abrufbar)
Im Juni jedoch: Sendepause.
Kein „Marsch für Deutschland“.
Offenbar ist selbst bei den eingefleischtesten Mitläufer*innen die
Luft raus – ob des starkenGegenprotests oder einfach aus
inhaltlicher Leere, bleibt Spekulation.
Für uns heißt das:
Diesen Monat keine direkte Gegenkundgebung, keine Demo-Buddies – aber wir bleiben wachsam. Der
nächste rechte Aufmarsch kommt. Leider. Aber wir sind bereit.
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